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Schöffen

I. Einführung

Schöffen sind ehrenamtliche Richter in der Strafgerichtsbarkeit. Sie wirken in Strafverfahren bei den Schöffengerichten der Amtsgerichte und bei den Strafkammern der Landgerichte in der Hauptverhandlung mit. Die Schöffen sind unabhängig und haben gleiches Stimmrecht wie die Berufsrichter. Sie urteilen über Schuld oder Unschuld eines Angeklagten und tragen die gleiche Verantwortung für einen Freispruch oder eine Geld- oder Freiheitsstrafe wie die Berufsrichter.

Die gesetzlichen Grundlagen finden sich in §§ 30 ff. Gerichtsverfassungsgesetz, § 44 Deutsches Richtergesetz.


II. Aufgabe und Funktion

Die verfassungsrechtliche Grundlage für das Schöffenamt findet sich im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Art. 20 GG), in dem es u.a. heißt: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Der Schöffe als Teil des Volkes übt in der Rechtsprechung einen Teil der Staatsgewalt aus.

Das Schöffenamt ist allerdings nicht erst als Einrichtung unserer erst einige Jahrzehnte bestehenden modernen deutschen Demokratie geschaffen worden. Vielmehr reichen seine Wurzeln bis in die Zeit der karolingischen Kaiser und noch weiter zurück. Abgesehen von Zeiten absolutistischer Staatsauffassung waren seither stets juristische Laien in unterschiedlicher Weise an der Rechtsprechung beteiligt. In der germanischen Zeit etwa wurde Recht nicht etwa durch den König oder den Häuptling, sondern durch die Gesamtheit der wehrfähigen Männer gesprochen.

Für eine Beibehaltung der Beteiligung von Laienrichtern an der Strafrechtspflege sprechen aus heutiger Sicht: Unmittelbare repräsentative Teilnahme des Volkes an der Rechtsprechung; Erhaltung und Stärkung des Vertrauens in die Strafrechtspflege; Verbesserung der Rechtskenntnisse der Bürgerinnen und Bürger; größeres Verständnis der Rechtsprechung; Einbringung nichtjuristischer Wertungen und Überlegungen in den Entscheidungsprozess; Einbringung spezieller eigener Sachkunde, Lebens- und Berufserfahrung.


III. Rechte und Pflichten

Schöffen sind wie Berufsrichter nur dem Gesetz unterworfen. Sie sind in ihrem Richteramt an Weisungen nicht gebunden. Unparteilichkeit ist die oberste Pflicht der Schöffen wie der Berufsrichter. Den Schöffen ist bei der Ausübung ihres Amtes eine schwere Aufgabe übertragen: Sie dürfen sich nicht von Regungen der Zuneigung oder der Abneigung beeinflussen lassen. Vielmehr haben sie ihre Stimme ohne Ansehen der Person nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben. Die Schöffen üben das Richteramt während der Hauptverhandlung in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie die an der Verhandlung teilnehmenden Berufsrichter aus und tragen dieselbe Verantwortung für den Urteilsspruch. Sie entscheiden die Schuld- und Straffrage gemeinschaftlich mit den Berufsrichtern. Schöffen nehmen an allen während der Hauptverhandlung zu erlassenden Entscheidungen des Gerichts teil. Die Gerichtsvorsitzenden haben den Schöffen auf Verlangen zu gestatten, Fragen an Angeklagte, Zeugen und Sachverständige zu stellen. In der Regel werden die Vorsitzenden von sich aus für eine hinreichende Beteiligung der Schöffen Sorge tragen.


Schöffen werden vor der ersten Amtsausübung in öffentlicher Sitzung des Gerichts vereidigt. Die Vereidigung gilt für die Dauer des Amtes. Schöffen leisten den Eid, indem sie die Worte sprechen: Ich schwöre, die Pflichten einer ehrenamtlichen Richterin/eines ehrenamtlichen Richters getreu dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und getreu dem Gesetz zu erfüllen, nach bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehen der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen, so wahr mir Gott helfe.

Der Eid kann ohne die Worte so wahr mir Gott helfe geleistet werden.



IV. Häufige Fragen und deren Antworten


Wer kann Schöffin bzw. Schöffe werden?


Das Schöffenamt ist ein Ehrenamt, das nur von Deutschen versehen werden kann.

Berufen werden können Personen, die nicht jünger als 25 Jahre und nicht älter als 70 Jahre sind, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und seit mindestens einem Jahr in der betreffenden Gemeinde leben (§§ 31, 33 GVG).


Wer darf nicht Schöffin bzw. Schöffe werden?


Insbesondere Personen, die infolge eines Richterspruchs keine Fähigkeiten zur Bekleidung öffentlicher Ämter besitzen (oder gegen die ein Ermittlungsverfahren mit dieser möglichen Konsequenz schwebt) oder aber die wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten verurteilt worden sind. Auch Personen, die infolge gerichtlicher Anordnung in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt sind, dürfen nicht Schöffen werden (§ 32 GVG).


Wer darf das Schöffenamt ablehnen?

Das Schöffenamt dürfen insbesondere folgende Personen ablehnen: Abgeordnete, Ärzte, Zahnärzte, Krankenschwestern, Krankenpfleger und Hebammen, Apothekenleiter, die keinen weiteren Apotheker beschäftigen, Personen, die in der vorhergehenden Amtsperiode an 40 Tagen als ehrenamtliche Richter in der Strafrechtspflege tätig waren sowie Personen, die bereits bei einem anderen Gericht als ehrenamtliche Richter tätig sind, Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben oder es bis zum Ende ihrer Amtsperiode beendet haben würden,Personen, die glaubhaft machen, dass die Ausübung des Schöffenamtes für Sie oder einen Dritten eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz bedeutet, Personen, die glaubhaft machen dass ihnen die unmittelbare Fürsorge für ihre Familie die Ausübung des Schöffenamtes in besonderem Maße erschwert (§ 35 GVG).

Ablehnungsgründe müssen innerhalb einer Woche nach der Mitteilung der Wahl oder dem späteren Entstehen des Ablehnungsgrundes dem Gericht gegenüber geltend gemacht werden.


Wie werde ich Schöffin bzw. Schöffe?

Schöffen werden aus einer Vorschlagsliste gewählt, die im Jahr vor Beginn der neuen Amtsperiode aufgestellt und von der Gemeindevertretung mit 2/3 Mehrheit beschlossen wird. In dieser Liste sollen alle Gruppen der Bevölkerung nach Geschlecht, Alter, Beruf und sozialer Stellung angemessen berücksichtigt werden. Interessierte, die sich nicht von einer Organisation vorschlagen lassen wollen, können sich selbst bei der jeweiligen Gemeinde melden. Nachdem die beschlossene Vorschlagsliste eine Woche in der Gemeinde ausgelegen hat (in der Zeit kann Einspruch gegen diese Liste eingelegt werden) wird sie an das zuständige Gericht weitergeleitet. Die Endauswahl trifft der Schöffenwahlausschuss des Gerichts (§§ 36 ff. GVG).


Werden Schöffen für bestimmte Verfahren ausgewählt?

Nein, die Reihenfolge in der die Hauptschöffen an den einzelnen ordentlichen Sitzungen des Jahres (und zwar jedes Jahr neu) teilnehmen, wird ausgelost


Kann ich mich auf das Schöffenamt vorbereiten?

Ein wichtiger Grund für Beteiligung von Laienrichtern an der Strafrechtspflege ist die Einbringung nichtjuristischer Wertungen und Überlegungen in den Entscheidungsprozess. Dass die Schöffen nicht Rechtswissenschaft studiert haben, ist daher für das Schöffenamt kein Hindernis. Ihre Mitwirkung als juristisch nicht ausgebildete Bürger an der Rechtsprechung ist gerade deshalb gefragt, weil ihre eigene Sachkunde, Lebens- und Berufserfahrung in die Entscheidungen der Gerichte eingebracht werden sollen.Eine konkrete Vorbereitung auf das Schöffenamt ist daher nicht erforderlich.


Wann bin ich befangen?

Bei der Ausübung des Schöffenamtes haben die Schöffen wie die Berufsrichter jeden Eindruck der Befangenheit zu vermeiden. Schon ein privates Gespräch im Laufe des Prozesses mit dem Angeklagten, der Staatsanwältin, dem Verteidiger oder der Journalistin kann einen solchen Eindruck hervorrufen. Um so mehr hat ein Schöffe bei einer Fragestellung im Prozess oder bei sonstigen Äußerungen alles zu vermeiden, das dafür sprechen könnte, er hätte schon vor Abschluss der Beweisaufnahme und durchgeführter Beratung eine endgültige Auffassung von der Schuldfrage gewonnen.

In der Strafprozeßordnung sind einige Fälle, etwa die besondere Beziehung oder Verwandtschaft des Schöffen zu dem Angeklagten, aufgelistet, in denen der Schöffe kraft Gesetzes ausgeschlossen ist.

Hat der Schöffe Zweifel, ob er von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen ist oder ob Umstände vorliegen, welche eine Ablehnung rechtfertigen könnten, soll er den Vorsitzenden von dem Sachverhalt in Kenntnis setzen und um Auskunft und Belehrung bitten.


Kann ich mich für einzelne Sitzungstage befreien lassen?

Ein Schöffe kann auf seinen Antrag hin vom Vorsitzenden von der Verpflichtung zur Teilnahme an einzelnen Sitzungen entbunden werden, wenn dringende Hinderungsgründe eingetreten sind. Als Beispiele seien genannt: Krankheit mit ärztlich angeordneter Bettruhe oder bereits festgelegter Auslandsaufenthalt. Ein Antrag auf Freistellung ist so früh wie möglich zu stellen, damit ein Hilfsschöffe nachgeladen werden kann.

Bleibt ein Schöffe ohne genügende Entschuldigung der Sitzung fern, so ist der Schöffe zu einer Ordnungsstrafe zu verurteilen, § 56 GVG.

Gelten Besonderheiten für Großverfahren?

Zur Entlastung übermäßig beanspruchter Haupt- und Hilfsschöffen sind Schöffen auf ihren Antrag aus der Schöffenliste zu streichen, wenn sie während eines Geschäftsjahres an mehr als 24 Sitzungstagen an Sitzungen teilgenommen haben.

V. Merkblatt für Schöffen

Nähere Einzelheiten über die Stellung und die Aufgaben der Schöffen können Sie hier als PDF-Datei downloaden.

https://justizportal.niedersachsen.de/download/127806/Das_Schoeffenamt_in_Niedersachsen_-_

 

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